Betreuung


Sehr gerne nehme ich Vorschläge zu für M.A.- sowie Dissertationsvorhaben an, die in einen meiner Schwerpunktbereiche fallen. Hierzu zählen das Verhältnis von Religion, Esoterik und Politik, etwa im Zusammenhang mit Sozialismus, völkischen Bewegungen, Nationalsozialismus oder Rechtsextremismus; südasiatische Religionsgeschichte seit dem 18. Jahrhundert, insbesondere mit Fokus auf Bengalen; Fragen zum Verhältnis von Religion, Wissenschaft und Politik in der Moderne; sowie globalgeschichtliche und postkoloniale Ansätze in der Religionswissenschaft.

Interessierte werden gebeten, hierzu ein Exposé im Umfang von 5 Seiten für ein M.A.-Vorhaben einzureichen, beziehungsweise im Umfang von 10 bis 15 Seiten im Falle eines Doktorats. Folgende Punkte müssen darin enthalten sein:

  • Arbeitstitel
  • Leitfrage(n)
  • Abstract mit Beschreibung des Forschungsprojekts (ca. 200 Wörter)
  • Ausführlichere inhaltliche Beschreibung des Vorhabens inklusive theoretisch-methodologischer Ansätze
  • Vorläufige Gliederung
  • Zeitplan
  • Erste Angaben zur verwendeten Forschungsliteratur
  • Beschreibung des zu verwendenden Quellenmaterials

 

Zentrale Themenfelder möglicher Betreuung


Ariosophie, völkische Bewegungen, Nationalsozialismus und gegenwärtiger Rechtsextremismus

Das Verhältnis von Nationalsozialismus und Esoterik, Okkultismus, Neuheidentum und damit verbundener Themenfelder wird gesellschaftlich und medial intensiv diskutiert. Insbesondere in der Popkultur finden sich weit verbreitete Motive eines „Nazi-Okkultismus“, aber auch in akademischen Publikationen wird die Affinität zwischen Nationalsozialismus und dem Bereich der Esoterik häufig betont. Dies wird oft auf historische Verknüpfungen mit völkischen Bewegungen, Lebensreform und seit dem 19. Jahrhundert entstandenen Bewegungen wie der so genannten Ariosophie zurückgeführt. Solche Verbindungen wurden rezent auch in Bezug auf die Corona-Demos in den Medien stark hervorgehoben und debattiert. Angesichts dieses gesellschaftlichen Interesses und der besonderen Relevanz der damit verbundenen historischen Ereignisse erstaunt es, dass zu diesem komplexen Themenfeld nur wenig Forschung existiert. Dies wird nicht zuletzt durch die Prominenz globaler rechtsextremer Netzwerke unterstrichen, die sich esoterischer Symbole wie der „Schwarzen Sonne“ bedienen. Hochwertige Forschung hierzu ist also ein dringendes Desiderat. Von mir betreute Arbeiten können thematisch von historischen Beispielen seit dem 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart reichen.


Bengalen seit dem 18. Jahrhundert

Ein besonderer regionaler Fokus meiner Forschung ruht auf Bengalen, das heute den nordöstlichen indischen Bundesstaat Westbengalen und Bangladesch umfasst. Arbeiten können zeitlich vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart reichen, wobei vor allem der britisch-koloniale Kontext einen entscheidenden Rahmen bildet. Diese Periode umfasst die so genannte „Bengalische Renaissance“, in deren Zuge Hindu-Identitäten neu ausgehandelt und debattiert wurden. Unter den Schlagwörtern „Hindu Revivalism“ und „Reform-Hinduismus“, wie er etwa von Swami Vivekananda vertreten wurde, sind diese historischen Entwicklungen schon lange ein prominenter Gegenstand südasiatischer Studien. Akteure wie Vivekananda machten Yoga und ein bestimmtes Verständnis von Hinduismus im Westen bekannt und sind somit ein integraler Bestandteil für ein Verständnis heutiger Ansichten über Indien und die Rezeption asiatischer Praktiken wie Yoga oder Tantra. In diesem Zuge können sich Arbeiten in hochrelevante Themenfelder wie (Post-)Kolonialismus, Orientalismus, Gender, Sexualität, Sozialreform (etwa in Bezug auf Frauenrechte und Kasten), New Age und alternative Religiosität einordnen. Bengalische Sprachkenntnisse sind für Arbeiten zu diesen breiten Themenfeldern sehr willkommen, aber nicht zwingend nötig, da viele anglophone Quellen von englisch ausgebildeten bengalischen Akteuren vorliegen. Gerade angesichts dieses Umstandes sind aber auch Arbeiten willkommen, die sich subalternen Perspektiven jenseits der kolonialen Intelligenzija widmen möchten.


Esoterik und alternative religiöse Bewegungen

In Ergänzung der Schwerpunkte zu ostasiatischen neuen religiösen Bewegungen und ihren Verbindungen zum Westen ruht mein Fokus vor allem auf Austauschprozessen zwischen Südasien, Europa und Nordamerika. Insbesondere sind hier Themen wie die Theosophische Gesellschaft, Spiritismus und Okkultismus seit dem 19. Jahrhundert zu nennen. Arbeiten können sich mit dem gesamten Feld der Esoterik und alternativer Religiosität auseinandersetzen, wobei große inhaltliche Flexibilität besteht. Gerade weil die Bestimmung von „Esoterik“ aber alles andere als einfach ist, gilt es auch Grunddebatten der Esoterikforschung zu berücksichtigen, etwa in Bezug auf die etablierte Demarkierung einer „westlichen Esoterik“. Gerade in diesem Themenfeld kann noch richtige Grundlagenforschung betrieben werden, zumal es sehr viel unbearbeitetes Quellenmaterial und ungeklärte Fragen gibt.


Globalgeschichte und Postkolonialismus

Als Historiker lege ich Wert darauf, dass historische Quellen immer auch Bestandteil der von mir betreuten Arbeiten sein sollten. Es ist aber auch begrüßenswert, wenn der Schwerpunkt einer Arbeit auf theoretischen und/oder methodologischen Problemstellungen ruht. Hier bin ich vor allem für globalgeschichtliche und postkoloniale Ansätze offen, die sich unter anderem dem Repertoire des Poststrukturalismus und aktueller Übersetzungstheorien bedienen. Die Auseinandersetzung mit derartigen Perspektiven sollte grundsätzlich immer kritisch und darauf bedacht sein, die Komplexitäten der Untersuchungsgegenstände (insbesondere in kolonialen Kontexten) zu erfassen. Studierende mit einem mehr abstrakten Interesse and diesbezüglichen philosophischen Diskussionen sind herzlich willkommen.


Sozialismus, radikale Sozialreform und Religion

Das Verhältnis von Religion und Sozialismus, Anarchismus und ähnlicher Themenfelder wird heute in aller Regel als konfliktreich oder gar feindselig wahrgenommen. Historisch gesehen, waren allerdings die ersten sozialistischen Bewegungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stark religiös geprägt und identifizierten sich auch selbst ausdrücklich als religiös. Tatsächlich entstanden sogar neue religiöse Bewegungen wie der Spiritismus und Okkultismus maßgeblich in sozialistischen Kontexten. Auch die (Religions-)Soziologie ist in diesem Umfeld entstanden, wie die Linie von Henri de Saint-Simon via Auguste Comte und Émile Durkheim illustriert. Erst durch die Dominanz verschiedener Formen des Marxismus kam es in den Jahren um 1900 zu einer endgültigen Überschattung jener frühsozialistischen Ideen und ihrer Relevanz für die Religionsgeschichte. Arbeiten können sich mit dem ganzen Spektrum jener politischen Strömungen auseinandersetzen und dabei auch grundlegende religionswissenschaftliche Fragestellungen, etwa in Bezug auf Säkularisierung und Modernisierung, behandeln. Auch Arbeiten, die sich auf Konflikte zwischen Sozialismen und Religion konzentrieren, wie etwa in der DDR oder in der Sowjetunion, sind willkommen.


Südasiatische Religionsgeschichte

Die Religionsgeschichte Südasiens zeichnet sich durch eine enorme Komplexität und Vielfalt aus, die eine Vielzahl von Themen eröffnet. Meine eigene Expertise dreht sich vor allem um Shivaismus, Shaktismus, Vishnuismus und Tantra seit dem 18. Jahrhundert, allerdings können auch darüber hinaus reichende Forschungsgegenstände behandelt werden. Zu konkreten Beispielen zählen etwa Kaschmir Shaivismus, Shrividya, Shaiva Siddhanta, Bhakti, bengalischer Vishnuismus, Göttinnenverehrung, die bengalischen Bauls oder Sant-Traditionen. Wünschenswert sind auch Arbeiten, die sich mit der Geschichte des Islams in Südasien auseinandersetzen sowie mit nicht-brahmanischen Traditionen.


Yoga, Körperkulturen und religiöse Identitäten

Innerhalb der Themenfelder der Lebensreform, Esoterik und Rezeption asiatischer Religionen nimmt Yoga eine herausragende Stellung ein. In ihm treten Themen wie Nationalismus, Kolonialismus, Gesundheit, Sexualität, Körperlichkeit und das Verhältnis von Wissenschaft und Religion besonders hervor. Neben historischen Themen, die vom 19. Jahrhundert bis in die vorigen Jahrhunderte reichen können, sind auch gegenwärtige Themen wie Kommerzialisierung, Globalisierung und Debatten über „kulturelle Aneignung“ höchst relevante Forschungsgegenstände. Auch Fragen religiöser und nationaler Identitäten können anhand des Themenfeldes diskutiert werden, etwa in Bezug auf Anti-Kolonialismus, indische Unabhängigkeitsbestrebungen und Hindu-Nationalismus, wozu auch das Verhältnis von Hinduismus und Islam in Südasien zählt.